Was siehst du?
Was siehst du, wenn du in diesem Moment die Augen öffnest und den Blick hebst? Siehst du denselben Himmel wie ich? Dieselben Wolkenschlachten und Nebeltheater? Sturmverheißend, sternversprechend, hagelspuckend? Siehst du dasselbe endlose Blau, gleißend, fast schmerzhaft, jenes Blau, das sich mal frei, mal eingezäunt, an manchen Tagen Richtung Horizont in seinen dichten Dampfdecken verirrt und an anderen jede Landschaft aus der Erde schneidet? Siehst du all die Dämmerungen und Morgengrauen, dunstverhangen, geheimnisvoll, den sich anmutig aus den Schatten schälenden Tag? Die Leinwand auf der die Nacht ihre größten Wahrheiten malt? Spürst du das Toben und Ziehen an windigen Tagen, die tiefe Ruhe beim Anblick der Gestirne? Erkennst du wie alles fließt und vergeht, nie genauso wiederkehrt, wie es sich irgendwo im Raum verliert und doch noch da ist?
Erkennst du, dass ich dich liebe?
Das berührt mich sehr.
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Lebendige Poesie. Sehr bewegend. Da fällt mir ein Satz, aus einem Text über Poesie, von Friedrich Schlegel ein: „Denn das ist der Anfang aller Poesie, den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Phantasie, in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur zu versetzen …“.
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Das Zitat kannte ich noch nicht, aber es gefällt mir gut. Ich finde, dass es beispielsweise meinen üblichen Schreibprozess sehr treffend beschreibt, der sich eben nicht nach Plänen und festen Strukturen der Ideenfindung richtet, sondern wie ein Organismus in verschiedene oft unvorhergesehene Richtungen wächst und dabei ein durch Intuition und Assoziation gebildetes Zweiggeflecht der Worte schafft. Es freut mich, dass du das in diesem Text wiedergefunden hast.
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